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Es wird viel über Bitcoins riesige Energieverschwendung berichtet. Wie viel Energie verbraucht Bitcoin eigentlich? Wie viel kostet das umgerechnet pro Transaktion? Ist das verschwenderisch, oder wird mit diesem Energieverbrauch mehr erzielt als man augenscheinlich sieht?

Die Stromkosten pro Transaktion

Schauen wir uns den Energieverbrauch von Bitcoin genauer an.

Am 29. September 2018 läuft das Bitcoin Mining mit einer Hashrate von 55 EH/s, 55 Exa-Hashes pro Sekunde1. Die dem Mining-Algorithmus zugrundeliegende Hashfunktion SHA256 wird etwa 55,000,000,000,000,000,000-mal pro Sekunde von Computern rund um den Globus (hauptsächlich in China) berechnet. All das um die heiß-begehrten 12.5 Bitcoin Mining-Ertrag zu bekommen, die im Durchschnitte alle 10 Minuten neu ausgezahlt werden.

Diese globale Hash-Leistung kann von rund 6.4 Millionen speziellen Bitcoin Mining Computern wie dem Antminer R42 erreicht werden, die jeweils 8.6 GH/s erreichen.

Ein Bitcoin Mining Rig.
Millionen von Grafikkarten, FPGAs und ASICs minen Bitcoin und andere Kryptowährungen

Jeder Antminer verbraucht unter idealen Bedingungen 840 Watt rund um die Uhr. Das ergibt in der Summe 5.4 Gigawatt dauerhaften Energieverbrauch. 5 Gigawatt sind mehr als die maximal Leistung einer Stadt wie Portland in Oregon, oder äquivalent zu etwa 10% des Energieverbrauchs der Bundesrepublik Deutschland3.

Bitcoin verarbeitet bis zu 3.5 Transaktionen pro Sekunde, das macht bis zu 300.000 Transaktionen am Tag. Pro Transaktion werden 1.5 Gigajoule verbraucht, das sind 0.4MWh. Nimmt man an, der Strom kostet nur 0.10€ pro kWh, kommt man auf 40€ pro Transaktion.*

Genug gerechnet. Es wurde schon vielmals gezeigt, die Zahlen sind eindeutig:

BITCOIN IST EINE MASSIVE ENERGIEVERSCHWENDUNG.

Fall geklärt. Bitcoin ist eine Blase, alle spinnen, die Menschheit wird immer verrückter. Oder?!

Hat dieser Unsinn irgendwelche Vorteile?

Bitcoiner verteidigen ihren „proof of work“ Mechanismus, der diesen massiven Energieverbrauch erfordert, vehement. Wir schauen uns 4 Typen ihrer Argumenten genauer an.

  1. Wie bisher: Andere Systeme verschwenden ebenso viel Energie
  2. Technologisch: Lediglich Kinderkrankheiten der neuen Technologie
  3. Libertär: Nach freiheitlich marktwirtschaftlicher Ansicht ist es sinnfrei über die Ver(sch)wendung von Ressourcen zu urteilen
  4. Erzeugter Nutzen: Was Mining wirklich ist – und dies ist die Kosten wert.

Typ 1: Wie Bisher

Die „wie bisher“ These argumentiert: traditionelle Zahlungssysteme benötigen auch immense Mengen an Energie. Banken haben Angestellte, die Angestellten fahren Autos, die Autos müssen gebaut werden, usw… die Kosten der Banken sind enorm. Nur ist deren Energieverbrauch verdeckt, wir können ihn kaum abschätzen.

Das „wie bisher“ Argument sagt, Bitcoins Energieverbrauch ist nicht besonders hoch. Er ist nur besonders gut messbar.**

Quantitativ ist dieses Argument schwer zu halten. Es scheint wahrscheinlich, dass z.B. VISA wesentlich weniger Energie pro Transaktion verbraucht als Bitcoin. Und da VISA Zahlungen eine ordentlich Gebühr kosten, haben die meisten Transaktionen auch einen ökonomischen Nutzen. Im Gegensatz zu Bitcoin, wo nahezu kostenlose Transaktion vorherrschen.

Ich denke Argumente des Typs „wie bisher“, die den Energieverbrauch von Bitcoin relativieren, sind sehr schwach.

Typ 2: Technologisch

Die technologische Verteidigung des Energieverbrauch Bitcoins sagt das Problem ist temporär.

Die ersten Autos verschwendeten Benzin und verschmutzten die Luft extrem. Moderne Autos sind wesentlich effizienter. Die ersten Computer waren langsam und verbrauchten viel Strom. Auf modernen Smartphones laufen extrem komplexe Programme und ein kleiner Akku gibt genug Strom für einen ganzen Tag. Ähnlich verbraucht Bitcoin in den ersten Jahren eine Menge Energie. Aber spätere Versionen werden um Größenordnungen besser sein.

Alte Floppy Disketten
Verglichen mit modernen Speichermedien waren Disketten eine massive Verschwendung von Ressourcen

Wie kann Bitcoin energieeffizient werden? Hier haben wir ein typisches Dilemma: wir kennen die Zukunft noch nicht. Wir wissen immerhin, dass der Bitcoin Mining Ertrag sich alle 4 Jahre halbiert. Angenommen der Preis und die Transaktionsgebühren bleiben konstant, so halbiert sich der Energieverbrauch auch alle 4 Jahre. Der Bitcoin Preis oder die Transaktionsgebühren könnten jedoch die Halbierungen kompensieren. Ohne Veränderungen gibt es hier keine klare Verbesserung der energieeffizient.

Vielleicht kann das Lightning Network zusammen mit Side Chains das Problem lösen. Dabei wird nicht der Energieverbrauch reduziert, sondern Bitcoin wird deutlich nutzbarer. Die Kosten pro Transaktion könnte auf unter €0.01 fallen, da u.a. deutlich mehr Transaktionen möglich sind. Bisher ist keine dieser Technologien einsatzbereit.

Ich denke Argumente des Typs „technologisch“ sind glaubhaft, aber noch Zukunftsmusik.

Typ 3: Libertär

Die libertäre Sichtweise ist ein Argument des freien Markts. Ist es Energieverschwendung die Fernsehsendung „Deutschland sucht den Superstar“ zu schauen? Ist es Energieverschwendung im Boden zu graben, um winzige Gesteinsbrocken mit Diamantenfragmenten auszubuddeln, diese mühselig zu schleifen, alles in der Hoffnung ein junger hoffnungsvoller Mensch schlägt für einen irrsinnigen Preis zu? Ist Bitcoin Energieverschwendung? Niemand sollte das bewerten.

Freie Märkte, mit freien Akteuren, sind die vermeintlich beste organisatorische Struktur, die die Menschheit gefunden hat. Jede Person arbeitet ihre eigenen Wünsche und Träume zu verwirklichen. Was eine Person wenig wert ist, mag für eine andere wertvoll sein – Handel entsteht. Man kann also Energie nicht verschwenden. Solange Energie am freien Markt gehandelt wird, landet sie automatisch bei denjenigen, für die sie am wertvollsten ist.

Es gibt keine Verschwendung. Die Energie wird immer für ihren bestmöglichen Zweck verwendet.

Ich denke Argumente des Typs „libertär“ sind logisch einleuchtend. Dennoch ist der freie Markt nicht optimal, er ist nur oft besser als alle Alternativen. Die Tatsache, dass viel Energie ohne klaren Nutzen verbraucht wird, bleibt, auch wenn man die libertäre Perspektive einnimmt.

Typ 4: Generiertes System

Die Perspektive des generierten Systems sagt, dass wir die Situation nach falschen Kriterien bewerten. Die Energie dient nicht (nur) dazu, eine bestimmte Anzahl an Transaktionen zu tätigen. Die Energie ermöglicht primär etwas anderes:

Ein offenes, frei zugängliches, zensurresistentes, 24/7 100% Verfügbarkeit, sofortiges online Abwicklungssystem.

Ok, das ist etwas schwer verdaulich. Schauen wir uns jedes Attribut einzeln im Vergleich mit einem traditionellem online Bezahlsystem an: hier Paypal.

Paypal – Transaktion von 10€Bitcoin – Transaktion von 10 mBTC
kontrollierter Zugang
verifizierter Account zum senden und empfangen
freier Zugang
keine Accounts, keine Identität, zum senden und empfangen
zensierbar
Sender oder Empfänger Account könnent geblockt werden.
zensurresistent
Niemand kann eine Transaktion stoppen.
Schuldübertragung
Paypal schuldet dem Sender 10€ weniger.
Paypal schuldet dem Empfäger 10€ mehr.
Abwicklung
Sender besitzt 10 mBTC weniger.
Empfänger besitzt 10 mBTC mehr.

Paypal Transaktionen sind Schuldübertragungen, die durch Verträge zwischen rechtlichen Personen abgesichert sind. Die Verträge sind durch das Rechtssystem bestehend auf Anwälten und Richtern eines Landes abgesichert. Die Entscheidungen der Gerichte sind im Endeffekt durch bewaffnete Männer.***

Digitale Signaturen
Besitz-Verifikation ohne Amt oder Gericht: Programmcode der eine Bitcoin Signatur überprüft.

Bei Bitcoin gibt es keine Verträge, keine Gerichte, und erst recht keine bewaffneten Männer. Eine Bitcoin Transaktion verändert den Besitzt des Asset, wie ein Inhaberpapier, oder wie ein Stück Gold. Bitcoin Transaktionen sind durch unverletzbare mathematische Regeln abgesichert. Diese Regeln werden durch ein Netzwert von Nodes abgesichert. Der Stand der Nodes wird dich die Miner abgesichert. Und die Miner sind durch den Verbraucht von Energie abgesichert. Da man das Universum nicht einfach um Energie betrügen kann, kann man in Bitcoin nicht betrügen.

Zusammengefasst bietet Payal Schuldenüberträge an, die durch den Staat gesichert werden, während Bitcoin eine sofortige Abwicklung durch ein komplett neuartiges mathematisches Rechtssystem ermöglicht.

Bitcoin ist ein neues Rechtssytem. Es ist besichert durch Energieverbrauch.

Das Argument für die Energieverschwendung ist dann einfach: Die Energie besichert ein globales Rechtssystem.

Ich denke Argumente des Typs „generierten Systems“ um Bitcoin’s Energieverschwendung zu verteidigen können durchaus einleuchten. Der Wert des von Bitcoin geschaffenen Systems – die Funktionalität die es bietet – gab es bisher nicht. Wir können schwer einen fairen Preis bzw. gerechtfertigten Energieverbrauch für ein derartiges System bestimmen. Vielleicht ist der Energieverbrauch sogar günstig für das was Bitcoin kann!

Wird die Energie verschwendet?

Wir haben gehen, dass Bitcoin Unmengen an Energie pro Transaktion verbraucht. Das ist Energieverschwendung. Wir haben geschaut, wie man den Verbrauch rechtfertigen kann: Vielleicht ist es nicht teuer als andere Systeme bisher; Vielleicht ist es nur ein temporäres technologisches Problem; Vielleicht ist es nicht sinnvoll über Verbrauch einer Ressource zu urteilen. Oder vielleicht ist Energie pro Transaktion nicht die richte Betrachtungsweise; Energie für ein Rechtssystem ist passender.

Bitcoin verbraucht in der Tat eine massive Menge an Energie. Nur die Zukunft kann uns zeigen, ob es das Wert ist.

* Eine Abkürzung um die Kosten pro Transaktion zu berechnen: Man nimmt an, Miner arbeiten mit marginaler Profitabilität dicht an Null, was dem langfristigem ökonomischen Equilibrium entspricht. Der Wert der Bitcoin jedes gefundenen Blocks muss ein wenig mehr sein als die aufgewandten Energiekosten dessen Berechnung. Bei aktuell 12.5 Bitcoin Block Reward, bei 5,000€ jeweils, haben wir 62,500€ Energiekosten. Für einen Block mit 2,000 Transaktionen sind das 31.25€ pro Transaktion.

** Was eventuell gut ist. Wissenschaftler lieben einfach zugängliche, verifizierbare Daten.

*** Die bewaffneten Männer sind gesichert durch den Status quo. Da bekomme ich ein mulmiges Gefühl wenn ich lange darüber nachdenke.

Schlaue Ideen sind in der Regel von jemanden geklaut.

Fehler sind vollständig von mir.

Paul Otto ist Co-Geschäftsführer der F5 Crypto Capital GmbH. Die verfassten Ansichten und Meinungen Pauls sind ausschließlich seine eigenen und geben nicht zwangsläufig jene der F5 Crypto Capital GmbH wieder. Dieser Text ist rein informativ und sollte in keinster Weise Ihre Anlageentscheidungen beeinflussen.

Der Autor hält möglicherweise Long oder Short Positionen in den diskutierten Werten.